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Urheberrecht: Handelsblatt im Schützengraben

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Urheberrechtskrieg: Angehörige der Verwertungsarmee warten auf Rezipienten, Foto: CCBYNCSA drakegoodman

So, jetzt also das Handelsblatt. In einer Sonderveröffentlichung unter dem Motto “Mein Kopf gehört mir” zur Osterausgabe wird zum Frontalangriff auf die Piraten geblasen:

Die Piraten-Partei steigt in den Umfragen auf zwölf Prozent. Sie findet, das Recht auf geistiges Eigentum gehöre abgeschafft. Diesem Enteignungsprogramm der Piraten gehört widersprochen, bevor es Realität wird.

Wie das bei einem Wirtschaftsblättchen so ist, kommt natürlich die böse Enteignungskeule zum Einsatz. Enteignung, das klingt so schön nach Bolschewismus, Kommunismus, DDR & Unrechtstaat. Mal abgesehen, dass die Enteignungsanalogie ja falsch ist, da man immaterielle Güter nicht enteignen kann, ist die Frage, welche Gefahr da eigentlich von den Piraten ausgehen soll: Die hat bislang keine Forderung nach Abschaffung des Urheberrechts gestellt und sitzt in gerade mal zwei Landtagen und nicht in der Regierung.

100 “Kreative” lässt das Handelsblatt also in der Sonderveröffentlichung (ist das eigentlich ein Advertorial?) zu Wort kommen. Viele von ihnen ach so kreative Urheber wie Frank Dopheide (Chairman Deutsche Markenarbeit und Scholz & Friends), Philipp Welte (Vorstand Hubert Burda Media), Bernd Buchholz (Vorstandsvorsitzender Gruner + Jahr), Helmut Thoma (Ex-Chef von RTL und Medienberater), Helmut Heinen (Präsident des Bundes Deutscher Zeitungsverleger) und Thomas Middelhoff (Investor und Ex-Chef von Bertelsmann). Daneben gibt es natürlich auch Schauspielerinnen, Promis und Autoren. Doch die Vermischung zwischen Verwertern und Urhebern ist ja gewünscht in der Logik der Verwertungslobby. Dabei hatte der CCC das endlich mal sauber auseinanderklamüsert in seiner Erklärung der 51 Hacker:

Es wird daher keinen “historischen Kompromiß” geben, denn es stehen sich nicht zwei Seiten gegenüber, jedenfalls nicht Urheber und Rezipienten, sondern allenfalls prädigitale Ignoranten mit Rechteverwertungsfetisch auf der einen Seite und Ihr und wir auf der anderen, die wir deren Verträge aufgezwungen bekommen. Das Tragische (im griechischen Sinne) ist doch, daß wir beide Opfer des Verwertungssystems sind. Ihr schuftet Euch seit Jahren für die Verwertungsindustrie ab und habt so viele Eurer Rechte weggegeben, daß weder Ihr noch Eure Nachfahren von der verlängerten Urheberrechtsschutzfrist etwas haben. Das ist bloß ein Verhandlungsmittel, mit dem Ihr zu reduzieren hofft, wie doll Euch die Verwertungsindustrie abzockt. Wir kämpfen eigentlich auf derselben Seite, aber Ihr merkt es nicht einmal.

Während sich auf Rezipientenseite immer mehr Menschen für einen fairen Ausgleich und eine gute Bezahlung von Urhebern aussprechen, gräbt sich die Contentindustrie immer weiter in ihren Schützengraben ein. Von dort werden dann, ohne sich selbst zu bewegen, Angriffe auf die bösen User, die bösen Piraten, die bösen Linken, die bösen Grünen und die bösen Bürger mit ihrer bösen “Kostenloskultur” gefahren. Mit den immergleichen Argumenten, immer repressiven und grundrechtsfeindlichen Ansätzen wird Propaganda für Geschäftsmodelle gemacht, die so einfach nicht mehr funktionieren.

Während auf Rezipientenseite neue Geschäftsmodelle entwickelt und Finanzierungsmodelle ausprobiert werden, sind die einzigen Ideen der Verwertungsindustrie die Beibehaltung überkommener Verwertungsmechanismen und die staatliche Alimentierung von Konzernen wie beim Leistungschutzrecht.

Während die Rezipienten ein ausgefeiltes System gegenseitiger Wertschätzung von Urhebern (Re-Tweets, Verlinkungen, Creative Commons Referenzierung, Props) schon praktizieren, holt die Verwertungsindustrie ihre “Die pissen dir ins Gesicht” und “Ihr schätzt Kultur nicht”-Kanone raus.


Gabor Steingart (re.) mit der Urheberrechtskanone, Foto: CCBYNCSA drakegoodman

Das ist alles so langweilig, so einfallslos, so durchschaubar. Es bringt die Debatte keinen Meter weiter. Die Unbeweglichkeit der Verwerter wird hoffentlich dazu führen, dass sich die Urheber immer weiter von diesen entfremden. Dass sie mutig werden und den Schulterschluss mit den Rezipienten suchen. Und zusammen Modelle entwickeln, Akzeptanzen schaffen und letztlich den Verwertern den nackten Arsch zeigen. Und dabei von ihren Werken gut leben können.

Dass die Kampagne der letzten Wochen (Regener, Tatort, Handelsblatt) nur der Anfang sein soll, will Netzpolitik erfahren haben. Den Stellungskriegern in der Verwertungsindustrie und denjenigen Urhebern, die nicht verstanden haben, dass sie von ersterer nur instrumentalisiert werden, sei schon einmal gesagt: so ein Schützengrabenkrieg ist die falsche Strategie, wenn man gegen einen Gegner kämpft, der mobil, kreativ, kompromissbereit und in der Überzahl ist.

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